Gipfeltreffen zwischen Kim und Trump

Aktualisierung: Juli 2019[*]
Erste Fassung: April 2019

In Ostasien wird die Weltpolitik des 21. Jahrhunderts gestaltet. Das Kräfteverhältnis zwischen China, Russland, den USA und Japan verändert sich dramatisch. Und mittendrin der seit über sieben Jahrzehnten schwelende Koreakonflikt.

Strategische Aufgaben stehen an: Beendigung des seit 1953 herrschenden „Kriegszustandes“ durch einen Friedensvertrag; Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel und die von beiden koreanischen Staaten angestrebte friedliche Wiedervereinigung.

Charakterisierte US-Präsident Bush jr. Nordkorea noch 2001 als „Schurkenstaat“, den es zu beseitigen galt, nahm die Obama-Administration angesichts des 2003 erfolgten Austritts aus dem Atomwaffensperrvertrag und der rasanten Nuklear- und Raketenrüstung Nordkoreas 2009 Geheimverhandlungen auf und verzichtete auf die Androhung eines militärischen regime change. Eine unkontrollierte nukleare Koreakrise ist seitdem unwahrscheinlich.

Mit der Regierungsübernahme von Trump und seiner zugespitzten Verhandlungstaktik kam es 2017/18 zu einem demagogischen Schlagabtausch Trump-Kim („Mein Atomknopf ist größer.“). Konservative Medien blähten diesen dankbar-unwissend auf und palaverten von einer Atomkriegsgefahr.

Nordkorea ist ohne die Atomwaffen ein militärischer Zwerg.

Eine solche Bedrohung existierte jedoch nicht – im Gegenteil! Eine intensive Gipfeldiplomatie wurde sowohl von den beiden koreanischen Staaten als auch von den USA in Gang gesetzt. Der Faden der Gipfeltreffen von 2000 und 2007 in Pjöngjang wurde wiederaufgenommen. Am 27. April und 26. Mai 2018 trafen sich die Repräsentanten Nord- und Südkoreas, Kim Jong-un und Moon Jae-in, an der Demarkationslinie. Unter symbolischen Gesten, mit Handschlag und wechselseitigem Grenzübertritt in Panmunjom, bekundeten beide Staatschefs einen „Neuanfang der Beziehungen“. Sie sprachen sich für einen Friedensschluss und eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel aus.

Zwischenzeitig hatte Nordkorea die Einstellung seiner Atom- und Raketentests verkündet und das Atomtestgelände Punggyeri unbrauchbar gemacht. Diese „Vorleistungen“ und die Gipfelergebnisse waren eine Grundlage für das Treffen von Kim und US-Präsident Trump.

Ab März 2018 liefen in Schweden Vorbereitungsgespräche für einen „historischen“ Gipfel USA–Nordkorea, der dann am 12. Juni in Singapur bemerkenswerte Ergebnisse brachte. Nordkorea bekräftigte die Aussetzung seiner Kernwaffen- und Raketenversuche. Insbesondere ging es den USA dabei um die Einschränkung der Weiterentwicklung ballistischer Raketen interkontinentaler Reichweite – der Verhinderung eines imaginären „nuklearen 9/11“.

Im Gegenzug sagte Trump eine Einstellung der maritimen Großmanöver USA–Südkorea vor den koreanischen Küsten zu. In der gemeinsamen Erklärung versicherten die USA allgemeine Sicherheitsgarantien für Nordkorea. Vereinbart wurde die Eröffnung eines interkoreanischen Verbindungsbüros in Kaesong / Nordkorea sowie die Rückführung der Überreste von Opfern aus dem Koreakrieg 1950/53. Ein weiteres Gipfeltreffen wurde zeitnah vereinbart.

Im Januar 2019 gab es in Stockholm eine Positionsabstimmung zwischen dem stellvertretenden Außenminister Nordkoreas und dem US-Sonderbeauftragten. Dennoch dominierten Maximalpositionen absichtsvoll den USA-Nordkorea–Gipfel am 27./28. Februar 2019 in Hanoi. Trump bestand auf einer vollständigen Denuklearisierung Nordkoreas und Kim auf der vollständigen Aufhebung der US-Sanktionen und Wirtschaftshilfe für sein Land.

In den 1970er Jahren war Nordkorea weiter entwickelt als der Süden. Inzwischen haben sich die Verhältnisse vollkommen gedreht.

Beiden war klar, dass dies nur in einem schrittweisen, langfristigen Prozess erreichbar ist. Trump hatte schon vor dem Treffen übertriebene Erwartungen gedämpft. Nordkorea könne sich Zeit lassen: „Ich will nur keine Tests. Solange es keine Tests gibt, sind wir zufrieden“ (24. Februar 2019). Eine gemeinsame Gipfelerklärung konnte so nicht zustande kommen.

Die Gesamtatmosphäre blieb trotz vorzeitigem Abbruch durch Trump pragmatisch kooperativ. Vereinbart wurden Verbindungsbüros in Pjöngjang und Washington. Anfang März gab das Pentagon abgestimmt mit dem südkoreanischen Verteidigungsministerium bekannt, dass die jährlichen Großmanöver eingestellt werden.

Der Gipfel ist mit Erfolg gescheitert! Verzögerungen und Rückschläge sind normal, werden aber an der Orientierung auf eine politische Verhandlungslösung wenig ändern. Nach über einem halben Jahrhundert Konfrontation beginnt ein Prozess zur Lösung des Koreaproblems.

Weitere Informationen zur Entwicklung der beiden Koreas: Kleinwächter, Kai: Korea – Nord und Süd in ungleicher Partnerschaft; telepolis 2015.

Der Kommentar erschien 2019 zuerst in WeltTrends – Das außenpolitische Journal Nr. 150 „Regierungssturz in Venezuela?“. Sie ist auch als PDF verfügbar.

[*] Ergänzung am 01. Juli 2019 von Kai Kleinwächter
Donald Trump traf sich nach dem G20-Gipfel mit den Süd- und Nord-Koreanischen Staatschefs. Überraschend, das beide Präsidenten sofort auf seine eher lässige, nicht dem diplomatischen Protokoll folgende Twitter-Anfrage eingingen. Die anschließenden Gespräche fanden an der inner-koreanischen Grenze statt.

Quelle: Bildschirmfoto aus dem Twitter-Account des US-Präsidenten.

Trump schuf mit diesem Treffen schwer zu ignorierende Symbole. Erstmals überhaupt betrat ein US-Präsident – wenn auch nur für ein paar Minuten – nordkoreanisches Territorium. Und umgekehrt betrat erstmals ein Staatschef Nordkorea den Boden des Südens. Die Botschaft ist eindeutig: Wir vertrauen uns, die Kontakte reißen nicht ab, es geht voran.

Und selbst Medien wie der Spiegel müssen konstatieren, das kleine Schritte der Demilitarisierung entlang der Grenze erfolgen. Ebenfalls startet an einem Hügel die Exhumierung gefallener Soldaten. Und es wurden weitere Treffen auf Arbeitsebene zwischen Nordkorea und den USA vereinbart.

Zugespitzt – Donald Trump hat durch diese Symbole mehr geschafft, als alle US-amerikanischen Präsidenten seit dem Ende des Korea-Krieges (1950-1953). Man kann dem koreanischen Volk nur wünschen, dass diese positive Entwicklung nachhaltig ist.

Bildrechte

Bild (Startbild): Händeschütteln von Kim und Trump während des Treffens in Singapore Juni 2018. Autor: Dan Scavino Jr. Lizenz: Public Domain.

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