Wahlbeteiligung auf Landesebene

Die jüngste Landtagswahl in Hamburg bestätigte anhaltende Veränderungsprozesse der deutschen Demokratie. Neben der Neuaufstellung des Parteispektrums betrifft das vor allem die Wahlbeteiligung. Die Entwicklungen auf Landes- und Bundesebene verlaufen dabei parallel.

Bis in die 1970er Jahren nahmen durchschnittlich mehr als 3/4 der Berechtigten an Landeswahlen teil. In Bundesländern mit politisch zugespitzter Situation (u.a. Saarland, Berlin) erreichte die Beteiligung sogar Werte über 90 Prozent.

Mit der Erosion des bundesdeutschen Parteiensystems ab den 1980er Jahren sank die Partizipation auf Ebene der Länder deutlich. Bisherigere Tiefpunkte lagen in den Jahren seit der Jahrtausendwende. Bei drei Wahlen fiel die Beteiligung sogar unter 50 Prozent. (Sachsen-Anhalt 2006 44,4%; Brandenburg 2014 47,9%; Sachsen 2014 49,2%)

Keine Demokratieverdrossenheit Ostdeutschlands

Dieser Prozess vollzog sich in allen Bundesländern. Der oft bemühte Verweis auf die demokratiemüden/-unfähigen Ostdeutschen trifft nicht zu. Ein qualitativer Unterschied zwischen einem Brandenburg mit unter und einem Bremen mit knapp über 50 Prozent Wahlbeteiligung existiert nicht.

Auch im Westen Deutschlands liegt die Partizipation flächendeckend unter dem Niveau der 1940er Jahre. Auch dort gehen mindestens 25 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung nicht mehr zur Wahl. Auch liegt im Westteil Deutschlands der Anteil von nicht wahlberechtigten Ausländern höher. Werden diese mit einbezogen, nimmt auch hier nur noch maximal 60 Prozent der Bevölkerung an der Wahl-Demokratie auf Landesebene teil.

Ostdeutschland ist Teil des politischen Systems Deutschlands. Mit der Einheit verschwand nicht nur die DDR, sondern auch die alte BRD inklusive des damaligen Parteiensystems. Auf Grund der schlechteren sozioökonomischen Lage spitzen sich aber im „Osten“, die gesamtdeutschen Probleme stärker zu. Ihre höhere Sichtbarkeit bedeutet aber nicht, dass es spezifisch ostdeutsche Probleme sind.

Aber die Unterschiede zwischen Ost und West nivellieren sich. Im Rahmen der derzeitigen Krisenerscheinungen allerdings nicht durch einen „Aufschwung Ost“, sondern einen „Niedergang West“.

Stabilisierung auf niedrigem Niveau?

In den letzten 20 Jahren sank die durchschnittliche Wahlbeteiligung auf Landesebene unter das Niveau der 1940er Jahre. Die höchste Partizipation erreichten Schleswig-Holstein 2009 und Hessen 2013. Dort nahmen jeweils knapp über 73 Prozent der Wahlberechtigten teil. Das waren hohe Werte im Vergleich zu anderen Wahlen des Zeitraums. Trotzdem reichten sie nicht einmal an den Durchschnitt aller Bundesländer von 1947-1949 heran.

Die Statistik zu den Wahlbeteiligungen 2019 (Brandenburg, Sachsen und Thüringen) und 2020 (Hamburg) zeigen einen neuerlichen Anstieg der Wahlbeteiligung. Im Durchschnitt aktivierten die derzeitigen politischen Kämpfe in den ostdeutschen Bundesländern 14 Prozent der Wahlbevölkerung und in Hamburg ca. sieben Prozent. Interessanterweise lag damit die Wahlbeteiligung in Hamburg niedriger als in Sachsen und Thüringen.

Insbesondere die Grünen sowie die AfD mobilisieren umfassend Neuwähler bzw. Ausgestiegene. Damit scheitern Strategien von SPD und CDU sich auf etablierte Wählerpotentiale zu konzentrieren. Die Wahlverluste sind entsprechend massiv.

Sollte diese Entwicklung anhalten, ist zumindest mit einer Stabilisierung der Wahlbeteiligung zu rechnen. Wahrscheinlich ist aber eher ein moderater Anstieg.

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Bei Interesse können die statistischen Daten für die Grafiken per Mail zugesandt werden.

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