Schattenwirtschaft global

Aktualisierung: März 2019
Erste Fassung: Frühjahr 2013

Durch die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (zentralen Größe Bruttoinlandprodukt) versucht der Staat alle wirtschaftlichen Aktivitäten in einer Volkswirtschaft zu erfassen und auszuwerten. Allerdings können viele wirtschaftliche Aktivitäten aus vielen Gründen nur unzureichend dargestellt werden. Die Ursachen reichen von unzureichenden amtlichen Statistiken bis dahin, dass sich Wirtschaftssubjekte staatlicher Regulierung bewusst entziehen.

Ökonomen bezeichnen diesen Bereich jenseits der amtlich gesicherten Statistiken als „nicht erfasste Ökonomie“ (engl. „non observed Economy“). Pointierter aber in synonymer Verwendung hat sich der Begriff „Schattenökonomie“ durchgesetzt.

Drei Bereich der Schattenökonomie

1. Untergrund-Ökonomie: Legale Tätigkeiten, die nicht bzw. nicht-korrekt statistisch erfasst werden, sei es auf Grund von Defiziten der amtlichen Statistik (z.B. Nicht-Erfassung von Kleinunternehmen) oder weil sich die Wirtschaftsakteure der Beobachtung entziehen (z.B.: Steuerhinterziehung, manipulierte Verrechnungspreise bei Konzernen).

2. Informeller Sektor: Wirtschaftlich begrenzte, nicht regulierte Aktivitäten. Die Tätigkeiten stehen „außerhalb“ der klassischen Wirtschaft, sind aber nicht illigal (z.B. Sammeln von Pfandflaschen durch Obdachlose, Babysitten durch Jugendliche).

Einige Ökonomen fassen hierunter auch nicht-entlohnte, „freiwillige“ Tätigkeiten, die alternativ von kommerziellen Strukturen erbracht werden könnten. Klassisches Beispiel sind Hausarbeiten (Aufräumen, Putzen…) für die es auch bezahlte Hausangestellte gäbe. Unter dieser sehr weiten Definition werden auch Eigenerstellungen von Dingen („do-it-yourself“-Bewegung), Nachbarschaftshilfe, Blog-Einträge oder ehrenamtliche Tätigkeiten subsumiert.

3. Kriminelle Aktivitäten: Verbotene, wirtschaftliche Betätigungen (z.B. Drogenhandel, Schutzgelderpressung). Die scharfe Trennung dieser Bereiche ist in der Praxis schwierig. Zum Beispiel dürften Bilanzmanipulation sowie Geldwäsche („Kriminelle Aktivitäten“) bei größeren Beträgen hinterzogener Steuern („Untergrund Ökonomie“) schon fast notwendig sein.

Der Umfang der „Schattenökonomie“ hängt von der Leistungsstärke staatlicher Verwaltung, der volkswirtschaftlichen Bedeutung bestimmter Wirtschaftssektoren (insb. Bau- und Landwirtschaft und Gastronomie) sowie den Unternehmensgrößen ab. Kleine Unternehmen bzw. Selbständige entziehen sich eher staatlichen Kontrollen als Großkonzerne. Entsprechend steigt die Bedeutung in schwachen Volkswirtschaften.

Die „Schattenökonomie“ erbrachte im OECD-Durchschnitt 2002 ca. 15% der Wirtschaftsleistung. Allerdings sinkt der Umfang seit Ende der 1990er Jahre. Kriminelle Aktivitäten stellen einen deutlich geringeren Anteil von ca. 5% zum BIP dar. Weltweit ergibt das einen Betrag von ca. 2,3 Billionen € – ungefähr die Höhe des deutschen BIP.

Konzentriert sich die Analyse auf internationale Finanzströme steigt die wirtschaftliche Bedeutung der Organisierten Kriminalität deutlich an – von rund 1/3 auf mehr als die Hälfte. Ursache sind sowohl der für grenzüberschreitende Aktivitäten notwendigere höhere Organisationsgrad als auch das sich solche Transfers erst ab größeren Kapitalvolumen lohnen.

Allerdings wird bei genauer Analyse der Finanzströme deutlich, das nicht illegale Aktivitäten den Großteil der problematischen Finanzströme ausmachen. Zentral für das internationale Schattenbank-System sind vor allem multi-nationale Konzerne die sich illegalen Bilanzierungen bedienen. Wesentlich sind dabei Fehlbewertungen von Wirtschaftsgütern zur Steuervermeidung und missbräuchliche Transferpreise zwischen Konzerntöchtern in verschieden Wirtschaftsräumen. Der Kampf gegen solche Praktiken ist real-wirtschaftlich bedeutender als das Vorgehen gegen Drogenhandel oder Menschenschmuggel.

Quellen

Schneider, Friedrich; Boockmann, Bernhard: Schattenwirtschaftsprognose 2017; Institut für angewandte Wirtschaftsforschung e.V. 2019.

Schneider, Friedrich; Enste, Dominik: Hiding in the Shadows. The Growth of the Underground Economy; IMF economic issues Nr. 30 2002.

UN Office on Drugs and Crime (Hrsg.): Estimating illicit financial flows resulting from drug trafficking and other transnational organized crimes; Wien: UNODC 2011.

Die gekürzte Statistik erschien zuerst bei WeltTrends – Zeitschrift für internationale Politik, Ausgabe 91: Thema Kriminelle Welt: Schattenwirtschaft und Kriminalität.

Kunstwerk des Eintrages

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez (1599 – 1660)Porträt des Hofnarren »El Primo«
von http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co.KG
Eine kurze biographische Skizze von Diego Velázquez.

Velázquez, Diego: Porträt des Hofnarren »El Primo«

Creative Commons Lizenzvertrag Weitere Informationen zum Urheberrecht unter Kontakt/Impressum/Lizenz.
Bei Interesse können die statistischen Daten für die Grafiken per Mail zugesandt werden.

ORCID iD icon https://orcid.org/0000-0002-3927-6245

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