Im Sommer 2020 führte die bbw Akademie mit mir ein Interview zur Zukunft des „Online Lernens“. Anlass war die Corona bedingte Umstellung von Teilen des Unterrichtes auf Online.
Kernaussagen
(1) Das Ausland – insbesondere die Nordischen Staaten, Niederlande und Schweiz – war in der Nutzung der digitalen Medien weiter als Deutschland. Obwohl die Technik schon lange zur Verfügung stand, setzte erst durch Corona und den Lockdown in der deutschen Gesellschaft ein über sektorale Gruppen hinausgehender Lernprozess ein. Jetzt öffnen sich weite Teile der Bevölkerung dieser digitalen Kommunikation im Geschäfts- und Bildungsbereich. Es werden Vorteile und Möglichkeiten realisiert, wo vorher Bedenken dominierten.
(2) Allerdings zeigt sich, dass digitaler Unterricht anders als Präsenzlehre verlaufen muss. Kürzere Einheiten, mehr aktivierende und abwechslungsreichere Fragen / Aufgaben sowie höhere Dynamiken müssen hier ein Abschweifen der Teilnehmer*innen verhindern. Denn wenn erstmal die Kamera aus ist, und sich Kaffee gebrüht wird, ist der Teilnehmende für längere Zeit weg.
Aber auch auf Seiten der Teilnehmer*innen müssen Veränderungen erfolgen – über Verfügbarkeit und Beherrschung aktueller Technik, einen funktionierenden Internetanschluss mit höherer Bandbreite, ruhige Arbeitsplätzen zu Hause sowie eine höhere Selbstmotivation. Wichtig ist auch die Überwindung der Angst vor den neuen Unterrichtsformen.
(3) Eine zentrale Herausforderung liegt in der Etablierung einer gesunden Mischung von klassischen Präsenz-Unterricht und digitalen Formen. Reines Online-Lernen wird sich außer bei Kurzkursen oder in technischen Bereichen wie Online-Marketing nicht dominieren. Zu sehr ähnelt es einem Fernstudium und ist damit nur für schmale Leistungseliten sowie bestimmte Lerntypen geeignet. Für die Mehrheit wäre wahrscheinlich ideal, einen Anteil zwischen 30 und 50 Prozent des Unterrichtes digital zu gestalten.
(4) Dabei ist der digitale Unterricht aber kein Ziel an sich, sondern sollte zusätzliche Elemente in die Lehre einbringen. Wo es notwendig ist, muss weiterhin das Primat der Präsenzlehre gelten. So sind beispielsweise die Vermittlung mathematischer Inhalten oder die offene, problemorientierte Diskussion ohne eine direkte Interaktion zwischen Schüler*in und Lehrkraft schwierig.
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